Danke erneut für das herzliche Willkommen.
@ glupsch: Danke für Ausführungen zur Beihilfe. Ich hab schon was herausgefunden 8nicht erfreulich) und berichte das dann an entsprechender Stelle
Ok, nun aber wie avisiert erzähle ich nun mal von mir selber und meiner Erkrankung.
Ich bin 1976 geboren worden, also gehe nun auf die vierzig Jahre zu, habe also schon ein paar Jahre mit der "Erkrankung" Erfahrung
. Schon mein Vater hatte angeborenen Grauen Star. Er wurde 1945 geboren und auch schon im nachkriegsdeutschland operiert. Die Unterschiede in Qualität und Ergebnis der Operationen zwischen mir und meinem Vater waren signifikant. Bei meinem Vater wurde die Linse noch manuell am Stück entfernt, fragt mich nicht wie, im Alter von 8 Monaten. Der Schaden an Hornhaut und dadurch an Sehkraft war erheblich größer als bei mir. Mein Vater hatte eine Restsehfähigkeit von etwa 10 Prozent und im Alter hat sich auch ein Stück vom Glaskörper gelöst und auf das Sehfeld geschoben, sodass er sehr stark eingeschränkt war. Leider ist er vor zweieinhalb Jahren verstorben, was aber nichts mit dem grauen Star zu tun hatte. Mein Vater hat eine normale Schule besucht (in den Fühfzigern etwas ruppiger als heute) riesige Brillen gehabt und nach der Schule normal studiert. Er ist Pfarrer geworden. Er hatte keinen Autoführerschein aber im Gegensatz zu mir selber für eine Mofa, was verrükt ist, denn ich sehe erheblich besser als er je sah und ich habe keinen
.
Aber zurück zu mir. Ich bin also schon immer mit dem Wissen um die Einschränkungen des Grauen Stars aufgewachsen, er war und ist in unserer Familie also ganz normal und wird nicht als wirkliche Behinderung wahrgenommen.
Ich bin also nach der Diagnose des Grauen Stars 1976 ebenfalls mit acht Monaten an der MH Hannover operiert worden. Die damalige Operationstechnik ist aber mit der heutigen nicht mehr vergleichbar, sodass meine Einschränkung durch die Erkrankung viel höher ist, als sie bei Merle je seien wird. Bei der Operation damals wurde noch der Linsenkranz mitentfernt, sodass heute einen Intraokularlinse nicht implantiert werden kann (bzw. Prof. Kohnen ist noch am "Nachdenken" was vielleicht doch geht). Auch gab es keine Kontaktlinsen für Babys, sodass ich mit acht Monaten dann meine erste Brille hatte und seit dem einen trage.
Während Kindergarten und Grundschule kann ich mich nicht daran erinnern, die Einschränkungen durch den Grauen Star als sehr hinderlich empfunden zu haben. Ja, ich sehe schlechter als andere aber ich habe normal Fahrradfahren gelernt, die beste Fahrradprüfung absolviert (Wimpel bekommen
) und war auch sonst ganz normal. Natürlich musste ich immer vorne sitzen und wurde auch mal gehänselt, aber da ich selbstbewußt erzogen wurde habe ich alle, die mich gehänselt haben verhauen und gut war (ich komme vom Dorf, da machte man das so). Mit dem Lesen lernen ging es etwas langsamer, da das lesen naturgemäß schwerer fiel, aber ich hab das auch schon als Kind begriffen, dass man die Behinderung einsetzen kann, um sich rauszumogeln ala: Das kann ich nicht da ich das nicht sehen kann!
Ich bin dann auf ein Gymnasium gegangen, auf dem sehr viel Wert auf menschliches Miteinander und nicht so sehr auf Leistung gelegt wurde (damals), sodass meine Einschränkung nie ein Thema war. Meine Eltern haben die Lehrer sensibilisiert und es wurde entsprechend Rücksicht genommen. Wenn ich was nicht lesen konnte, z.B. an der Tafel, habe ich Kopien (damals noch Matritzen) bekommen. Nur abschreiben bei Klausuren ging nicht, konnte ich nicht lesen, daher: alle meine Schulleistungen sind Eigenleistungen.
Erst in der Pubertät habe ich zum ersten Mal ein wenig mit der Behinderung gehadert. Ic weiß gar nicht mehr so genau warum, aber es scheint auch nicht nachhaltig gewesen zu sein. Ich konnte keinen Führerschein machen, was ich aber nicht als schlimm empfunden habe, denn mein Vater hatte ja auch keinen und meine Kumpels damals hatten zum Teil zwar einen aber noch lange kein Auto. Somit kein Nachteil für mich
. Wir mußten uns halt organisieren, Fahrrad, Bus, Fahrdienst der Eltern...
Tja, dann kam das Ende der Schulzeit und zum ersten Mal habe ich so richtig die Einschränkung gemerkt. Ich wollte schon als Junge Lokführer werden (wie mein Onkel) ging nicht. Dann wollte ich gerne zur Bundeswerh (damals noch Wehrdienst) konnte ich nicht, ich wollte dann Fahrdienstleiter bei der Bahn werden, gingg nicht, Sicherheitsbestimmungen.... da hab ich schon gehadert und dann einfach drauf los studiert, Theologie, Geisteswissenschaften... aber eher aus der Not geboren, eine lange Geschichte...
Im Studium hab ich ebenso wie in der Schulzeit die Behinderung nicht als Nachteil empfunden, ich hab mich halt angepasst. Da in den meisten Unis die Tafeln viel zu weit weg waren von den Hörsaalsitzen hab ich beschlossen nicht mitzuschreiben und mich nach hinten zu setzen. Hat nicht geschadet.
Ich habe schon in der Schulzeit eigene Strategieen zum Lernen entwickelt, z.B. ein sehr gutes Gedächtnis trainiert, Verstehen statt Auswendig lernen, nur wichtiges lesen (lesen strengt mich doch schon an, ich lese langsamer als andere) etc.
Im Studium habe ich dann meine Frau kennen gelernt. Sie hat meine Sehbehinderung nie wirklich ernst genommen und findet die Einschränkungen nicht schlimm. So haben wir halt nur ein Auto, fahren viel Bahn (was wir beide sowieso gerne machen) und nehmen die Behinderung sonst nicht war.
Nach einigen Studienwirren bin ich dann als Verwaltungsbeamter beim Bundesverwaltungsamt gelandet. Bei der Einstellung war die Schwerbehinderung nicht von Nachteil, eher das Gegenteil (zumal wir Grauen Star Behinderten ja die besten Behinderten für Arbeitgeber sind, kaum eingeschränkt und gut einsetzbar).
Ich habe einen Arbeitsplatz mit extra großen Bildschirmen als einziges Zugeständnis an meine Behinderung.
So, nun ist der Beitrag wieder sehr lang geworden und ich habe recht wenig über die eigenen Ängste und Gefühle gesagt, die die Gefähle ausgelöst hat, das hole ich gerne noch nach. Aber für heute ist heir Schluß.
LG
Christoph