Wichtige Entscheidung, operieren lassen oder nicht?

Hier kann alles zum beidseitigen Katarakt besprochen werden.

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stella
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Wichtige Entscheidung, operieren lassen oder nicht?

Beitrag von stella »

Hallo ihr Lieben,

ich habe sehr lange nichts mehr im Forum von uns hören lassen, vielleicht kennt der Eine oder die Andere uns noch.
Es geht um unsere Tochter die seid ihrer Geburt einen bds. Polstar hat.
Die Ärzte rieten damals nicht zu operieren und einfach ab zu warten da man sehr gut ins Auge hinein schauen konnte und unsere Tochter eine Prognose von ungefähr 80%-90% Sehstärke bekommen hat.
Mittlerweile ist unsere Tochter 5 und wird nächsten Sommer eingeschult, ihre Sehstärke liegt auf dem einem Auge bei 30% und auf dem anderen bei 40%.
Die Klinik (Assistenzärzte) empfahl weiterhin nur Kontrolltermine.
Unser Augenarzt vor Ort denkt mittlerweile über eine OP nach, da er meint man könnte da noch mehr raus holen, was später natürlich nicht mehr gehen wird im Erwachsenenalter.
Er möchte dies jedoch nicht selbst entscheiden, da er sich eingestehen muss das er nicht viele Patienten hat in diesem Alter. Des Weiteren hat er ein Schielen festgestellt und das unsere Tochter überhaupt kein räumliches Sehen hat.(Er ist wirklich ein toller Augenarzt).
Wir hatten nun erneut einen Termin in der Klinik, auf Wunsch unseren Augenarztes beim -Oberarzt der Klinik.
Der Oberarzt teilte uns mit das er viele Kinder hat mit genau diesem Polstar und das diese alle sehr gute Sehleistungen haben und er es sich nicht wirklich erklären kann, wo dran es bei unserer Tochter liegt das sie nur 30-40% hat.
Er konnte auch heute gut ins Auge hinein schauen. Er hat unserer Tochter die Augen auf tropfen lassen, da er sich dachte das die Brillenwerte evtl. nicht optimal eingestellt sind und sie somit nur auf 30-40% kommt.
Doch die Brillenwerte sind gut eingestellt gewesen, die Werte auf dem einem Auge sind absolut korrekt und auf dem anderen wurde es jetzt um +0,5 runter korregiert, wobei es daran nicht liegen kann.
Der Oberarzt meinte zu uns er tut sich immer schwer mit so einer Op und wenn er in den Augen hinein sieht würde er eine ganz andere Prognose haben, als die Werte die bei den Untersuchungen herauskommen.
Wobei unsere Tochter vorbildlich mit macht und die Werte seit Jahren 30-40% ergeben, egal ob in der Klinik oder bei unseren Augenarzt getestet wird.
Der Oberarzt meint vielleicht ist der Schatten (die Trübung) doch größer, als was man sehen kann.
Er hat uns erneut zur Kontrolle im Januar einbestellt, möchte es sich noch mal ansehen und dann entscheiden, ob es zur OP kommen wird oder nicht.

Tja nun stehen wir da, unsere Tochter hat bds. Polstar, ihre Sehstärke beträgt 30-40%.
Laut Untersuchung und Erfahrungswerten von anderen Kinder, müsste die Sehleistung höher sein, ist sie aber nicht.
Jahre lang hieß von der Klinik, wir müssen nicht operiere, wir warten.
Nun warf der ortsnahe Augenarzt eine OP im Raum (wobei er sich eingesteht das er in diesem Bezug keine Erfahrungen hat) und die Klinik überlegt es sich dann mal bis Januar (wobei sie 5 Jahre lang gegen eine OP war).
Wenn operiert werden würde, würden direkt Linsen implantiert werden, allerdings würde unsere Tochter weiterhin auf eine Brille angewiesen sein.

Ich denke mal, die letzte Entscheidung müssen wir treffen, was verdammt schwer ist.
Unsere Tochter kommt bis jetzt mit ihrer Sehleistung super zurecht.
Und uns kann keiner eine Garantie geben das die Sehleistung sich durch eine OP verbessert. Dazu kämen noch die ganzen Nebenwirkungen die auftreten könnten.
Was würdet ihr tun, wenn euer Kind diese Diagnose hätte? Oder was würdet ihr tun, wenn ihr selbst so eine Prognose hättet?

Verzweifelte Grüße
merin
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Re: Wichtige Entscheidung, operieren lassen oder nicht?

Beitrag von merin »

Liebe Stella,

ich finde das eine ganz schwierige Situation. Meine Tochter ist 2 Jahre älter und hat nach der OP Sehwerte zwischen 60 und 70% - also das Doppelte von Deiner Tochter. Sie wurde mit 12 Wochen operiert. Ob bei späterer OP die Sehwerte genauso gewesen wären ist unklar. Und das ist ja bei Deiner Tochter genauso. Am Schwierigsten ist es für mich, dass niemand weiß, wieso sie so schlecht sieht. Vielleicht ist es nichts, was durch eine OP besser würde, vielleicht aber doch. Ich würde wohl eine Klinik suchen, die oft angeborene Stare operiert und mir dort eine Zweitmeinung einholen. Haben wir hier auch so gemacht als es um die Frage der Implantation ging: es haben zwei oder drei Ober- und zwei Chefärzte draufgeschaut. Und da sich alle einig waren (es gibt keine Indikation für eine Implantation bei so guten Werten mit Starbrille) sind wir dieser Meinung dann gefolgt. Dafür würde ich ggf. auch einen oder zwei Tage Urlaub nehmen und in eine andere Stadt fahren.
lg
merin
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Re: Wichtige Entscheidung, operieren lassen oder nicht?

Beitrag von stella »

Hallo merin,

vielen lieben Dank für deine schnelle Antwort. Es tut gut sich einfach mal mit Jemanden außen stehendes darüber zu unterhalten.
Wir werden auf jeden Fall uns noch eine Zweite Meinung einholen, erstmal werden wir mit unseren ortsnahen Augenarzt alles durch sprechen und ihn um eine erneute Überweisung zu einer anderen Klinik zwecks Zweitmeinung bitten.
Kannst du vielleicht eine sehr, sehr gute Klinik empfehlen? Wir würden für unsere Tochter bis ans Ende der Welt fahren.
30-40% ist wirklich nicht sehr viel, ich wäre so froh wenn uns eine OP helfen könnte.
Würde unsere Tochter die Werte deiner Tochter erreichen, würde mir ein Stein vom Herzen fallen. Kommt deine Tochter in der Schule mit ihren Werten gut zurecht?
Aber wie du schon schriebst, weiß niemand warum unsere Tochter so schlecht sieht, zu mindestens konnte sich selbst der Oberarzt es nicht erklären, da es nur eine ganz kleine Trübung ist und ganz andere Werte sein müssten.
glupsch
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Re: Wichtige Entscheidung, operieren lassen oder nicht?

Beitrag von glupsch »

Hallo!
Ich finde das auch sehr schwierig, auch wenn mein Bauchgefühl zur OP tendiert. Eine Zweitmeinung einholen ist auf jeden Fall ein guter nächster Schritt. Über Prof. Kampik in München lese ich hier oft gutes, aber ich kenne ihn selbst nicht.
Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.
- Antoine de Saint-Exupéry, Der kleine Prinz
merin
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Re: Wichtige Entscheidung, operieren lassen oder nicht?

Beitrag von merin »

Wo wohnt ihr denn? Schaut doch mal, welche Klinik hier im Forum öfter erwähnt wird und einigermaßen nah ist. In Berlin operieren zwei Kliniken häufiger Starkinder (Virchow und Vivantes Neukölln) und beide sind meines Erachtens nicht sehr sehr gut aber okay. Wir waren in Neukölln nur ein Mal für die Zweitmeinung, sonst immer im Virchow, dort ist auch Angelas Familie in Betreuung, wenn ich das recht erinnere. Und als wir dort noch regelmäßig waren traf wir immer mal wieder Starkinder und deren Eltern dort im Wartebereich. Die haben halt einfach Erfahrung.

Ist bei Euch mal ne BERA gemacht worden? (Heißt das so?) Also so ne Nervenmessung von den Augen? Ich würde halt weitere Diagnostik wollen bei diesen Werten.

In der Schule kommt meine Tochter gut zurecht, es ist aber auch eine sehr spezielle Schule (freie Schule mit altersübergreifenden Lerngruppen, die die Kinder nach Interesse wählen können). Die einzige Gruppe, die sie dieses Schuljahr (2. Klasse) gewählt hat ist Trommeln. Lesen will sie lernen, hat sie mir gestern erzählt, aber nicht in der Schule. Sie käme sicher auch in einer Standardschule mit, ich denke aber, sie hätte es wesentlich schwerer dort, auch weil sie das langsamste Kind ist, das ich kenne.
glupsch
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Re: Wichtige Entscheidung, operieren lassen oder nicht?

Beitrag von glupsch »

Deine Tochter ist schon in der 2. Klasse und kann noch nicht lesen? :shock: Diese alternativen Schulen überraschen mich doch immer wieder auf's Neue...
Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.
- Antoine de Saint-Exupéry, Der kleine Prinz
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Re: Wichtige Entscheidung, operieren lassen oder nicht?

Beitrag von merin »

Hier können auch die wenigsten Kinder in der Regelschule am Anfang der 2. Klasse lesen.

Aber ja, es ist eine Schule, in der es explizit nicht um Leistung geht. Jedenfalls nicht vorrangig.
stella
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Re: Wichtige Entscheidung, operieren lassen oder nicht?

Beitrag von stella »

Wir kommen aus NRW und sind bisher in der Uni-Klinik in Münster in Behandlung.
Also eine Nervenmessung der Augen, oder irgend etwas vergleichbares wurde noch nie gemacht.
Bis jetzt wurde immer nur mit der Spaltlampe nach gesehen und uns mit geteilt das man gut hinein sehen kann und sie dann auch gut hinaus schauen müsste.
Ihre Augen wurden auf getropft und halt die normale Sehtests gemacht (unsere Tochter muss halt sagen bzw. zeigen zu welcher Seite die Striche beim " E " zeigen. Dann halt noch diese typischen Tests (Fliege mit 3D Brille, diese Karte wo ein Stern, ein Auto und ein Hund sichtbar werden) ob räumliches sehen vorhanden ist (Was leider nicht der Fall ist). Seit dem Sie bei diesen Tests richtig mitmachen kann steht ihr Visus auf dem einen Auge auf 30% und auf dem Anderen auf 40%.

An was könnte eine Amblyopie denn sonst noch liegen? Wenn ihre Trübung nicht so groß ist und sie bessere Werte haben müsste?
Eine Zweit, evtl. noch eine Dritt,-Meinung muss im jeden Fall her. Ich möchte halt nur nicht, dass operiert wird, keine Besserung eintritt, da es nachher nicht an ihrer Trübung lag und sie mit den Risiken zu kämpfen hat (Nachstar, Glaukom und was es noch so alles gibt)
Aber 30 und 40% Visus sind so verdammt wenig, wobei meine Tochter es absolut nicht versteht, sie meinte erst Gestern noch zu mir "Mama ich sehe doch alles ganz normal, der Arzt hätte doch wissen müssen das ich dieses "E" auf dieser Entfernung gar nicht sehen kann, das kann doch Niemand."

Ich habe wirklich bedenken,das dass mit der Schule bei diesem Visus alles so klappen wird, der Chefarzt meinte aber ab 30% Visus ist eine normale Schule, ok.
Fremden und selbst ihren Erziehern im Kindergarten fällt es gar nicht auf, dass sie eine Sehschwäche hat. Ich denke sie wird es trotzdem schwer haben.
Loony Moon
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Re: Wichtige Entscheidung, operieren lassen oder nicht?

Beitrag von Loony Moon »

Hmm, ich würde zuerst die zweite Meinung einholen, ev. die Uni-Klinik in Bonn. Wenn ich mich recht erinnere, waren die damals (Anfang der 90er Jahre) die als einer der Ersten, welche Starkindern ebenfalls künstliche Linsen implantierten.

Wie sich deine Maus entwickeln wird in der Schule ist ein völlig anderes Blatt.
Du darfst nicht vergessen, dass sie trotzallem in der visuellen Wahrnehmungen eingeschränkt ist.

Bei all den Überlegungen, wie nimmt sie die Bilder/Schrift in Büchern wahr? Wie schnell erfasst sie etwas auf einem Bild?
Könnte sie ohne Schwierigkeiten schnell umschalten, wenn dann zwischen Tafel und Heft gearbeitet wird?

Bitte bedenke auch, dass es in der Grundschule noch klappen kann, aber in den weiterführenden Schulen nicht. Inklusion hin oder her, der persönliche Lernerfolg und dauerhafte Spaß am Lernen zählt. Auch in einer Schule, die Inklusion groß propagiert, muss es nicht unbedingt tatsächlich gelebt werden. 8) Jedenfalls war es bei unserem Kind an der Schule so. Großartig noch einen Fahrstuhl für Körperbehinderte angebaut, aber schon daran scheitern, Zeitzugaben für einen Sehbehinderten überhaupt zu erwägen!

Wenn du dir völlig unsicher bist, dann such doch mal die zuständige Blinden- und Sehschwacheschule in eurer Nähe auf und lass dich beraten. Gespräche kosten ja nix. :wink: Und wenn deine Tochter mit dabei ist, kann sie selbst schauen.

Alles Gute für euch.
stella
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Re: Wichtige Entscheidung, operieren lassen oder nicht?

Beitrag von stella »

Hallo Loony Moon,

wir haben bereits eine ältere Tochter (die gesunde Augen hat) und zur Grundschule geht.
Unsere kleine möchte nächstes Jahr unbedingt auf die gleiche Schule gehen, wie ihre Schwester und ihre ganzen Freundinnen.
Ich weiß das sie visuell stark, sehr stark eingeschränkt ist und das bereitet mir Bauchweh.
Im Gegensatz zu unserer ersten (gesunden Tochter) lernt sie extrem schnell. Sie schreibt bereits Wörter, sie rechnet im 10er Bereich, spricht englisch. Und das ohne das wir sie darin bestärken oder es ihr beibringen, sie bringt es sich selbst bei.
Wenn sie etwas schreibt, dann allerdings alles in Großbuchstaben, ich nehme an das sie die klein Buchstaben evtl. nicht so auseinander halten kann und da fängt das Problem ja schon an.
Die Grundschule die in Frage käme, schreibt Inklusion auch groß. Leider wurde uns aber auch schon mitgeteilt das dies nicht für Sehbehinderte gilt.
Ich denke mal für den Nahbereich, gibt es irgendwelche Hilfen (z.B. Lupen) die wir ihr auch besorgen würden, auch wenn wir es privat tragen müssen. Allerdings wird die Ferne ihr größtes Problem werden, auch wenn sie in der ersten Reihe sitzen wird.
Wir werden es mit der normalen Grundschule allerdings trotz Bauchweh versuchen, es ist ihr größter Wunsch zusammen mit ihren Freundinnen zur Schule zu gehen und der Chefarzt gab auch sein ok.
Sie wird es allerdings verdammt schwer haben und ich hoffe das sie es ausgleichen kann, da sie verdammt schnell lernt und ziemlich weit für ihr Alter ist. Darf ich fragen, welchen Visus deine Tochter hat?

Liebe glupsch, ich glaube mich an einem Beitrag zu erinnern, dass du ungefähr die Werte meiner Tochter hast.
Wie war die Schulzeit für dich? Kamst du mit deinen Werten in der Schule klar?

Wie auch immer die Schulzeit verlaufen mag, muss jetzt erst mal geklärt werden, ob man noch mehr Visus herausholen kann.
Loony Moon
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Re: Wichtige Entscheidung, operieren lassen oder nicht?

Beitrag von Loony Moon »

Huhu stella,

meine Tochter ist zwar ein Sohn, aber das Problem ist ja trotzdem gleich. :lol: "Kind" ist mittlerweile erwachsen, daher verblassen die Erinnerungen auch in solchen Details.
Aktuellen Visus kenne ich nicht, muss ich zugeben. Und den damaligen Wert ... auch vergessen. :oops:

Schau mal hier:
http://www.angeborener-grauer-star.de/f ... f=3&t=1040

Ich habe dir nur ein beratendes Gespräch empfohlen, damit du auch dort an der Blinden- und Sehschwachenschule schon mal bekannt bist. Mehr nicht! Nur die Lehrer dort haben ja öfter mit solchen Kinder zu tun und dürften daher bessere Empfehlungen geben. IdR sind die Klassen der Sehbehinderten sehr klein, es wird schon auf die gesundheitlichen Einschränkungen eingegangen.
Mein Sohn saß in allen Schuljahren erste Bank Mitte, direkt vor Lehrertisch und Tafel. Leselupe für die Nähe und Ferne hatte er auch, benötigte sie allerdings selten. Hat die Krankenkasse anstandslos bezahlt. Waren ja Peanuts im Preis, beides so um die 50 DM. Ist ja auch schon einige Zeit her.

Witzig war, nachdem wir mal bei einer Lehrerfortbildung (ich bin kein Lehrer!) für BuS waren, konnte mein Sohn sich besser durch den angebotenen Dunkelparcour orientieren als wir Erwachsenen.

In den Grundschulen ist ja der Druck noch nicht so groß.
Und wenn deine Tochter sehr schnell lernt und vieles bisher selbst beigebracht hat bisher, dann ist das doch ein gutes Zeichen.
glupsch
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Re: Wichtige Entscheidung, operieren lassen oder nicht?

Beitrag von glupsch »

Hallo stella,

Ja, Du hast recht, meine Werte sind ähnlich der Eurer Tochter. Zumindest in der Ferne - im Nahbereich komme ich auf 80%. Wurde das bei Euch auch mal getestet bzw. merkst Du die Defizite auch in der Nähe? Ggf. sollte sich mit einer Lupe viel machen lassen. Erste Reihe Mitte war auch immer mein Stammplatz, und das ging sehr gut. Natürlich kam es mal vor, dass ich was nicht lesen konnte, v.a. mit dem Overhead-Projektor. Da ließ sich aber immer irgendwie Abhilfe schaffen. Bei einzelnen Wörtern reicht ein Blick ins Heft der Nachbarin, oder man erschließt es sich halt aus dem Kontext. Ansonsten war es auch kein Problem, die Lehrer um eine Kopie der Folie zu bitten. Man muss sich nur trauen zu fragen, das war oft die größte Hürde. Welcher Teenager gibt schon gern zu, nicht "normal" zu sein ;)

Mehr Bearbeitungszeit bei Prüfungen habe ich nie versucht zu bekommen. Zum einen sehe ich in der Nähe ja recht gut, und zum anderen war ich auch ohne extra Zeit der Klassenprimus.

Insgesamt habe ich meine Augen in der Schule nie als Problem empfunden. Allerdings war ich auch immer eher unterfordert, da war ein bisschen zusätzliche Herausforderung ganz willkommen. Wenn sich jemand sowieso schon schwer tut, könnte das eher ein Problem sein. Wie es so klingt, ist Eure Tochter aber ganz gut auf Zack, da denke ich schon, dass sie zumindest in der Grundschule klarkommen sollte. Versuchen würde ich es, sie will ja auch unbedingt mit ihren Freundinnen zur Schule gehen.
Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.
- Antoine de Saint-Exupéry, Der kleine Prinz
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Re: Wichtige Entscheidung, operieren lassen oder nicht?

Beitrag von stella »

oje Loony Moon :oops:
Da habe ich mich irgendwie vertan, ich wollte aus deinem Sohn keine Tochter machen.
Du hast recht, ein beratendes Gespräch kann immer nur vom Vorteil sein.
Vielleicht steht meiner 'Tochter ja auch so eine Inklusions-Helferin oder etwas anderes zu.

Bei unserer Tochter wurde der Visus auch im Nahbereich bestimmt und er liegt leider auch nur im Bereich von 30% bds.
Wobei sich dieser Defizit kaum bemerkbar macht, selbst die Erzieher sind über diese niedrigen Werte erstaunt.
Sie ist laut Gesprächen im Kindergarten ziemlich Weit für ihr Alter und jetzt bereits schon unterfordert. Sie würde liebend gern jetzt schon zur Schule gehen und ist kaum zu bremsen.
So manches mal frage ich mich wie sie es mit 30% Sehkraft alles so toll hinbekommt, sie hat überhaupt keine Probleme mit der Schere, oder auch Bilder malt sie perfekt aus, ohne übern Rand zu malen.
Sie kann wie gesagt auch schon sehr viel schreiben, wobei ihre Schrift nicht gerade klein ist. Sie schreibt von sich aus auch aus Büchern etwas ab, allerdings sind es erst lese Bücher von ihrer Größeren Schwester und die Schrift ist auch dort größer gehalten.
Das sie in der ferne nicht gut sehen konnte habe ich damals bereits in der Krabbelgruppe bemerkt. Wir haben da so spiele gespielt das die Kinder auf der einen Seite stehen bleiben mussten und die Mütter auf der Anderen. Immer wenn die Kinder zu ihren Müttern in die Arme rennen sollten, blieb meine stehen und wartete bis alle bei ihren Müttern waren und dann ist sie erst auf mich zu gerannt. Sie hat mir dann auch immer erzählt, dass sie nicht wusste wo ich steh.
Ich glaube allerdings das sie vieles bereits gut Kompensiert, mittlerweile erkennt sie mich auch vom Weiten. Ich schätze sie wird sich an Anziehsachen oder auch am Gang orientieren.
Mit der normalen Grundschule werden wir es auf jeden Fall versuchen und bis zur weiterführenden haben wir ja noch ein wenig Zeit.

Wir warten jetzt erst mal auf den Bericht aus Münster und werden dann zu unserem Augenarzt gehen und uns wegen der Operation noch eine zweite Meinung rein holen. Nicht das so eine Operation umsonst ist.

Liebe glupsch, ich danke dir, dafür das du hier deine Geschichte in diesem Forum schreibst. Durch dich sehe ich einiges mit anderen Augen und weiß das unsere Kleine auch mit Defizit ihren eigenen Weg gehen kann. Auch wenn er vielleicht anders verläuft. DANKE
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Re: Wichtige Entscheidung, operieren lassen oder nicht?

Beitrag von glupsch »

Es freut mich, dass ich Dir ein wenig helfen und Mut machen kann :)

Du hast recht, man kann sehr viel kompensieren, gerade wenn man es nicht anders kennt als schlecht zu sehen. Das siehst Du ja schon daran, dass Deine Tochter selbst gar nicht glaubt, dass sie schlecht sieht - fuer sie ist das einfach der Normalzustand. Leute am Gang oder an der Kleidung zu erkennen, ja das kenne ich sehr gut :wink:

Ein Bekannter (Fachkollege an einer anderen Uni) von mir hat nur 30% Sehvermoegen, weil bei ihm der Gelbe Fleck (also das Zentrum fuer's Scharf-Sehen) auf der Netzhaut fehlt. Der sieht also in der Ferne etwas schlechter und in der Naehe deutlich schlechter als ich. Als wir mal zusammen skifahren waren, musste ich immer drauf achten, dass er mich z.B. im Restaurant wiederfindet, da hatte er noch mehr Schwierigkeiten als ich. War fuer mich eine sehr interessante Erfahrung, mal die "andere Seite" zu sehen. Die Pisten ist er aber auch nicht gerade langsam runter :P
Und im Buero fiel mir auf, dass er am PC die Schriften deutlich groesser stellt als ich - da macht sich wohl der schlechte Visus in der Naehe bemerkbar. Er scheint sich aber auch sehr gut damit arrangiert zu haben. Irgendwelche Hilfsmittel sind mir an seinem Arbeitsplatz sonst nicht aufgefallen, vielleicht lag eine Lupe rum, aber mehr nicht. Ob er auf einer Regelschule war, weiß ich nicht, und ich kenne ihn auch nicht so gut, dass ich ihn fragen will. Studium und Doktorarbeit hat er jedenfalls geschafft.
Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.
- Antoine de Saint-Exupéry, Der kleine Prinz
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Re: Wichtige Entscheidung, operieren lassen oder nicht?

Beitrag von merin »

Hier in Berlin gibt es eine Beratungsstelle für Blinde und Sehbehinderte und die helfen bei der Schulwahl und beraten. Schau doch mal, ob es sowas bei Euch auch gibt. Eine Beratung in einer Spezialschule finde ich auch nicht schlecht. Die wissen dann auch, welche Hilfsmittel wann sinnvoll sind und wie man sie finanziert.

Was auch nochmal deutlich wird: Deine 5jährige kann einiges, was meine fast schon 8jährige nicht kann. Sie war immer in der Entwicklung zurück und ist es immer noch. Wahrscheinlich hängt das eher wenig mit ihrem Sehen zusammen, sie ist eben einfach eine Spätzünderin. "Frühzünder" haben es in der Schule immer leichter, man muss eben schauen, dass sich so ehrgeizige Kinder nicht überfordern.
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